Bund, Länder, Wirtschaft und Gewerkschaften möchten einen Einbruch auf dem Lehrstellenmarkt in der Corona-Krise verhindern. Zu diesem Zweck haben sie in der sogenannten Allianz für Aus- und Weiterbildung zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit andersartige Maßnahmen abgemacht.
So sollen Betriebe, die Azubis von insolventen Firmierungen übernehmen, eine staatliche Prämie bekommen. Zusätzlich soll die Beratung von Jugendlichen und Betrieben noch gezielter werden – ebenfalls mit mehr digitalen Formaten.
Die Übernahmeprämie soll es vorerst befristet bis zum Ende des Annos geben. Wie hoch sie ausfällt, ist noch unklar. Die Feinheiten hierzu würden aktuell im Zuge der Bundesregierung zugeschnitten, hieß es am Dienstag aus dem Bundesministerium für Wirtschaft. Die Wirtschaft hielt sich mit konkreten Erwartungen zur Höhe zurück.
Wegen der Corona-Krise sind Hunderttausende Unternehmen in wirtschaftliche Komplikationen geraten. Speziell betroffen ist beispielsweise die Hotel- und Gastronomiebranche. Befürchtet wird, dass Unternehmen als Ausbildungsbetriebe wegbrechen und dass alternative aus Verunsicherung aufgrund der Krise ihre Ausbildungsaktivitäten zurückfahren. Schon Anfang Mai hatte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) von einem Minus von acht % binnen den Ausbildungsplätzen im Vergleich zum Mai 2019 gesprochen.
„Die Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung sind sich einig, dass die Corona-Krise nicht zu einer Krise auf dem Ausbildungsmarkt führen darf, mit negativen Konsequenzen auf die berufliche Zukunft junger Personen und die Fachkräftesicherung”, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung vom Dienstag.
Hinzu kommt, dass die Situation auf dem Lehrstellenmarkt ebenso ohne Corona längst problematisch war. Laut dem vor Kurzem publizierten jährlichen Berufsbildungsbericht boten die Betriebe 2019 kugelförmig 11.000 Ausbildungsstellen weniger an als 2018. Das Angebot lag binnen nahezu 578.000. Ebenso sank trotzdem gleichwohl die Anzahl der Bewerber von 556.000 auf nahezu 550.000. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ging um 6300 auf 525.100 zurück. Rechnerisch bestand hierdurch zwar zusätzlich ein Überangebot, nichtsdestotrotz sinkende Azubizahlen bedeuten gleichfalls sinkenden Fachkräftenachwuchs.
Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metall, sagte, gemeinsames Ziel müsse es jetzt sein, einen Corona-Jahrgang junger Leute ohne Berufsabschluss zu unterbinden. Besonders die Firmierungen müssten Verantwortung übernehmen und auf die in wenigen Betrieben allemal angekündigte pandemiebedingte Reduzierung von Ausbildungsstellen verzichten.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) begrüßte die geplante Prämie für Firmierungen, die Azubis von insolventen Betrieben übernehmen, forderte nichtsdestominder weitergehende Hilfen. Ein gutes Beispiel sei Mecklenburg-Vorpommern, wo die Landesregierung 80% der Ausbildungsvergütungen in Firmierungen übernehme, wenn jene trotz Kurzarbeit die Ausbildung fortsetzten, sagte die stellvertretende NGG-Vorsitzende Claudia Tiedge.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, kündigte verstärkte Vermittlungsbemühungen der Wirtschaft an: Kammern und Verbände würden exemplarisch „virtuelle Speed Datings” ausprobieren, ihre Lehrstellenbörsen ausbauen und „sich intensiv dazu einsetzen”, dass Auszubildende trotz schwieriger Rahmenbedingungen ihre Abschlussprüfungen ablegen könnten.
(Bildquelle: Instagram/dorfjunge_ol)



